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Design Thinking – Im Auge des Betrachters

Bereits in der Frühphase des digitalen Marketings gelangte man zu der Erkenntnis, dass ein ganz wesentliches Tool in der Online-Welt nur bedingt aussagekräftig ist: Marktforschung. Zwar liefern Onlineumfragen und Panels mittlerweile schnellere und genauere Ergebnisse zu Fragen des täglichen Lebens und Produktkonsums als „klassische Befragungen“, für innovative digitale Angebote will das aber nicht immer so recht klappen. Wie auch? Netflix wäre nie gestartet, hätte man vor fünfzehn Jahren Menschen danach gefragt, ob sie zusätzlich zu ihrer Kabel- und TV-Gebühr zehn Euro pro Monat berappen wollen, um neue Fernsehserien ansehen zu können.

Ohne das Wissen darüber, mit welcher Qualität ein Angebot im Detail daherkommt oder wie groß Benutzerfreundlichkeit und Auswahl sind, ist jede Aussage der subjektiven Erwartung und Vorstellung der jeweiligen Auskunftsperson unterworfen. Genau hier findet sich der Unterschied zu klassischen Fragestellungen, bei denen ein konkretes Produkt vorgelegt werden kann, das noch dazu einen Vergleich zu existierenden Angeboten erlaubt.

Und genau hier liegt auch die Erklärung dafür, dass viele digitale Content Angebote immer wieder völlig am Markt vorbei publiziert werden und auch sehr schnell wieder verschwinden – nämlich, wenn Marktforschungsergebnissen zu viel Glauben geschenkt wurde. Selbst digitale Giganten wie Amazon haben ihre liebe Mühe, die Kundenpräferenzen in all ihrer Komplexität in den Griff zu bekommen. Wer jemals ein Bügeleisen online erworben hat und danach noch für Wochen von Bügeleisenangeboten verfolgt wurde, weiß, wovon die Rede ist.

Design Thinking für die Planung einer Content Marketing Strategie

Als Alternative hat sich in den letzten Jahren ein Methoden-Set behauptet, das unter dem Sammelbegriff „Design Thinking“ firmiert. Dabei geht es um die Ideenfindung und Problemlösung im Rahmen von Innovationsprojekten. Der Name kommt nicht von ungefähr und erklärt sich am besten wörtlich übersetzt: „Denken wie Designer“. Tatsächlich haben Designer längst erkannt, dass es ihnen zum Erfolg hilft, wenn eine Aufgabenstellung aus möglichst vielen Perspektiven betrachtet wird. Welche Einsatzformen sind denkbar, welche Gefahren, welche vermeintlichen „dummen Ideen“? Um das zu verstehen, bedient man sich ausführlicher Beobachtung, Prototyping und Tests.

Design Thinking wendet diesen sehr materiell fokussierten Denkansatz auf immaterielle digitale Produkte an, mit Fokus auf dem Zauberwort „User-centric“. Die Kernaspekte dabei: Nutzen, Umsetzbarkeit und Marktfähigkeit. Mit diesem Zielsystem im Gepäck lässt sich Design Thinking auch wunderbar für die Planung einer Content Marketing Strategie umsetzen, geht es dabei doch genau um folgende Fragen:

  • Welche Inhalte sind für meine Zielgruppe von Nutzen (relevant)? Schließlich erwarte ich, dass die Menschen wertvolle Zeit aufwenden, um den Content zu konsumieren.
  • Sind wir in der Lage, diese Themen abzudecken, Storys oder Videos dazu in der erwarteten Qualität zu produzieren? Haben wir das richtige Team dafür, die nötigen Zugänge?
  • Gibt es ein – ausreichend großes – Publikum für diese Inhalte, um den Aufwand zu rechtfertigen? Wenn ja, wer sind diese Personen?

Der Prozess beginnt mit dem Gewinnen von Hinweisen, welche möglichen Zugänge die Zielgruppe zum Thema hat. Nehmen wir an, es geht um ein Online Portal zum Thema Hochzeit, das durch Content Marketing unterstützt werden soll. Über klassische Marktforschung ist es sehr schwer (bzw. teuer), eine repräsentative Stichprobe befragen zu können. Daher treten qualitative Verfahren an die Stelle von quantitativen, etwa Rollenspiele oder Fokus-Gruppen. Besonders letztere beweisen sich immer wieder als Quelle von hoch spannenden Informationen. Motto: Lass‘ acht Leute miteinander diskutieren und du bekommst mehr als aus einer Befragung von 80 oder gar 800.

Das Setup: Man suche pro Fokus-Gruppe 4 bis 5 Paare, die vor Kurzem geheiratet haben oder eine Heirat planen – sie lassen sich wahrscheinlich bereits im erweiterten Bekanntenkreis auftreiben. Diese diskutieren dann 2 bis 3 Stunden, wobei nur grobe Themen vorgegeben werden: Wahl der Location, Geschenkliste, Catering, Musik und so weiter. Da es in diesem Fall wahrscheinlich um ein sehr emotionales Thema geht, wird es nicht viel brauchen, um ein lebhaftes Gespräch anzuregen und daraus den Umgang der Anwesenden mit dem Thema zu verstehen.

Aufbauend auf den Erkenntnissen dieser Beobachtung werden Profile von typischen Benutzerinnen und Benutzern erstellt, die sogenannten „Personas“. Die weitere Entwicklung und Betrachtung des Content Angebots erfolgt aus deren Standpunkt, wobei es wichtig ist, die Persona möglichst umfassend zu beschreiben, um dem Bild einer realen Person möglichst nah zu kommen.

  • Persona A ist Anfang 30, weiblich, und hat vor, ihren langjährigen Partner zu heiraten. Beide leben im urbanen Umfeld, haben gut bezahlte Jobs, schätzen moderne Gastronomie und Nightlife, sie sind nicht religiös.
  • Dem gegenüber Persona B, Mitte 40, ehelicht einen geschiedenen Mann, der zehn Jahre älter ist und den sie vor einem Jahr online kennengelernt hat. Sie leben in einer österreichischen Kleinstadt, gehen traditionellen Berufen nach (Friseurin, Tischler) und fühlen sich der Tradition verpflichtet.

Die Frage ist nun: Findet Persona A denselben Content spannend wie Persona B? Ist das Thema Hochzeit ein gemeinsamer Content-Nenner, trotz höchst unterschiedlicher Lebensentwürfe? Die Antwort darauf lässt sich aus den Fokus-Gruppen ablesen, aber auch aus Tests mit entsprechender Auswertung, insbesondere in den Social Media Kanälen.

Auf diese Weise hilft Design Thinking, Licht ins Dunkel zu bringen, indem die Komplexität von Content Präferenzen nicht rein quantitativ, sondern in Kombination von quantitativen mit qualitativen Mitteln erfasst wird. Um wertvolle Hinweise dafür zu liefern, welcher Weg am ehesten der richtige ist.

Apropos Weg: Auch bei der Herleitung von Customer Journeys (über die Sie hier mehr erfahren) spielt Design Thinking eine zentrale Rolle.

Bildquelle: mangpor2004 - stock.adobe.com
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